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Prof. Dr. Verena Kuni  M. A.

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Ästhetik & Kommunikation der Arten

Vortrag | Lecture
Tagung "Imagination & Objektivität. Naturgeschichte im 20. und 21. Jahrhundert, Sprengel Museum Hannover, Sept 10-12 | 10.-12. 2015

Zu den zentralen Grundeinheiten der Biologie gehört bis heute die Einteilung der Lebewesen in Arten. Wie kaum ein anderes Konzept hat sie sich als prägsam für unsere Vorstellungen von der Ordnung der lebendigen Natur und des Lebens überhaupt erwiesen. Indessen haben sich die Auffassungen davon, was eine Art ist und was sie von anderen Arten unterscheidet, im Verlauf der Wissenschaftsgeschichte nicht nur ausdifferenziert, sondern auch in wesentlicher Weise verändert.

Nach Darwins Evolutionstheorie sind es vor allem die Entwicklungen in der Genetik und der Gentechnologie, die seit dem Ende des 20. Jahrhundert in diesem Sinne von maßgeblichem Einfluss gewesen sind. Im einen wie im andern Fall bezeugt dies eine ebenso reichhaltige wie vielfältige Bildproduktion in Wissenschaft, Populärkultur und Kunst. So hat Letztere seit Mitte der 1990er Jahre parallel zu den Entwicklungen in den Biotechnologien eine Vielfalt ästhetischer und konzeptioneller Zugänge hervorgebracht, von denen insbesondere jene besondere Beachtung gefunden haben, die unter dem Rubrum einer "Genetischen Kunst&quot unmittelbar auf die mit diesen Entwicklungen verbundenen Erwartungen und Ängste, Utopien und Dystopien zu antworten scheinen – vorzugsweise mit Bildern anderer Art(en) und einer mit diesen einhergehenden Neuordnung der Natur: Verfahren der Züchtung, Hybridisierung, Optimierung von Leben; Verschmelzungs- und Vereinigungsphantasieren, die vielleicht nicht immer gleich eine Abschaffung der Arten, so doch Überschreitungen ihrer Grenzen imaginieren und mitunter sogar suggerieren, sie zu realisieren.
In jüngerer Zeit haben sich schließlich im Umfeld einer interdisziplinär orientierten Do-It-Yourself-Kultur des Bio-Hacking neue Künstlerszenen formiert, deren Projekte sich zwar nicht so ohne Weiteres in die bereits klassischen Kategorien &quotGenetischen Kunst&quot einpassen lassen, gerade aufgrund ihrer praktischen Verankerung in den Verfahren der Biotechnologie deren systematische Prämissen letztlich selbst dort sanktionieren, wo sie zu ihrer kritischen Reflexion einladen.

Vor diesem Hintergrund scheint es zunächst wenig verwunderlich, dass für die Formulierung alternativer Positionen vorzugsweise auf ästhetische Strategien zurückgegriffen wird, die historische Figurationen von Naturgeschichte aufrufen, indem sie Darstellungspraktiken und bildgebende Verfahren aus der älteren Wissenschaftsgeschichte zitieren und/oder revitalisieren.
Bei näherer Betrachtung des Feldes erweist es sich indessen als voreilig, hieraus auf eine – wie auch immer kritisch-reflexiv orientierte, mit Blick auf die wissenschaftliche und technologische Entwicklung jedoch nostalgische – Retrospektive zu schließen, die noch einmal jene Ordnung der Natur aufrufen wollte, welche unter den Vorzeichen der Gentechnologie in vielfacher Hinsicht brüchig geworden ist.

Vielmehr finden sich hier auch Ansätze, deren Verständigung mit der Wissenschaftsgeschichte nicht nur im Dialog mit zeitgenössischer Theoriebildung im Umfeld von Natur- und Technowissenschaften steht, sondern im Zuge eines wissenschaftsarchäologischen Erkenntnisinteresses auch dezidiert danach fragen, welche Rolle das Spannungsfeld von Objektivität und Imagination über alle Transformationen der Idee einer Naturgeschichte und der in sie eingeschriebenen Ordnung(en) der Natur hinweg bis heute in den Wissenschaften spielt.

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