2014-08-31
Im Prinzip Ja,
im Artikel "Die große Macht der Kleinen" von Udo Harms im Wirtschaftsteil von Zeitungen der Verlagsgesellschaft Madsack01 am 28.08.2014 ist zu lesen "Und sie sind auf Krawall gebürstet". Anschließend wird eine Untersuchung des IW Köln (Institut der Deutschen Wirtschaft) zitiert, die Hagen Lesch vor einem Jahr der Presse mit dem Titel "Die Kleinen sind auf Krawall gebürstet" am 1.10.2013 präsentiert hat (Quelle inzwischen im Netz nicht mehr erreichbar).
Frage an Radio Eriwan: Belegt die Studie, "dass die kleinen Spartengewerkschaften mit Ausnahme der Vereinigung Cockpit auffallend konfliktfreudig sind"?
Im Prinzip Ja,
In "Die Konfliktintensität von Tarifverhandlungen"02 zitiert Lesch "Bachmann, Ronald / Henssler, Martin / Schmidt, Christoph M. / Talmann, Anna, 2011, Empirische Analyse der Auswirkungen der Tarifpluralität auf das deutsche Tarifvertragssystem und auf die Häufigkeit von Arbeitskämpfen, Gutachten im Auftrag des BMWi, Essen" (Quelle inzwischen im Netz nicht mehr erreichbar), "dass eine Zunahme der Streiks statistisch nicht erkennbar ist". Es "zeigt sich weder ein Anstieg der arbeitskampfbedingt ausgefallenen Arbeitstage noch eine Zunahme der bestreikten Betriebe".
Lesch schafft deshalb "neue Ansätze zur Messung der Konfliktintensität": Neben den "materiellen Konflikthandlungen" (Warnstreik, Streik), "Eskalationsstufe" >=4, zählt er auch "verbal-formale" (z.B. Abbruch der Verhandlungen) aus. In der "Branche Krankenhäuser" werden nur Konflikte mit der Tarifgemeinschaft deutscher Länder und der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände ab 2005 ausgewertet. Die sehr zahlreichen Tarifverhandlungen der Ärztegewerkschaft Marburger Bund (MB) mit anderen Arbeitgebern ohne jede "Eskalation" sind also nicht berücksichtigt.
Ergebnis: Mit einer "maximalen Eskalationsstufe" von 4,6 folgt der MB gleich hinter den Spitzenreitern GDL und GdF (4,7). "Die Konfliktintensität im Verkehrs- und Krankenhaussektor" findet Lesch "deutlich höher … als in den Branchen ohne Gewerkschaftswettbewerb". Auf den zeitlichen Verlauf der "Konfliktintensität" (Abb. 2), die beim MB nach dem Maximum 2005/2006 markant zurückgeht und 2013 Null erreicht, geht Lesch nicht ein. Dass die Rolle der Arbeitgeber bei der "Konfliktintensität" nicht untersucht wurde, wundert Radio Eriwan beim IW nicht.
Frage an Radio Eriwan: Ist "Krawall" in diesem Kontext richtig?
Im Prinzip Ja,
Begriffe sagen zuweilen mehr über die aus, die sie verwenden, als über die damit Attribuierten.
"Die Bezeichnung wurde etwa während der politischen Unruhen der Julirevolution von 1830 in Hanau geprägt, als das dortige Bürgertum sich am 24. September gegen die neoabsolutistische Staatsform und die verfehlte Zoll- und Wirtschaftspolitik des Kurfürsten Wilhelm II. von Hessen erhob" lesen wir dazu in Wikipedia03. Sic!
Die Forderung, die "Tarifeinheit" per Gesetz wieder einzuführen, die Lesch aus seiner Studie ableitet, belegt zugleich, dass der vermeintliche "Krawall" die Verwirklichung eines grundgesetzlichen Anspruchs der Arbeitnehmer ist.
Letzte Überprüfung: 2022-04-14
01 http://de.wikipedia.org/wiki/Verlagsgesellschaft_
Madsack | www.kuni.org/to/7bZR
02 https://www.iwkoeln.de/fileadmin/publikationen/20
13/129099/TR-3-2013-Lesch.pdf | www.kuni.org/to/7cTR
03 http://de.wikipedia.org/wiki/Krawall | www.kuni.org/to/7NfR
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