BOTANIK & BEGEHRENFachwissenschaftliche Vorlesung & Seminar Was wollen wir von Pflanzen? Was versprechen wir uns von ihnen? Wann und warum begehren wir sie? Wann und warum wollen wir unsere menschlichen Begehren in ihnen sehen? In seinem Bestseller "Die Botanik der Begierde" ("The Botany of Desire", 2001) stellt der US-amerikanische Journalist Michael Pollan am Beispiel der Geschichte von vier Kulturpflanzen exemplarische Antworten auf diese Fragen vor: Der Apfel(baum) steht für das Begehren nach Süsse, die Tulpe für das nach Schönheit, Marihuana für das nach Rausch, die Kartoffel für jenes nach Ordnung und Sicherheit. Mit Blick auf die denkbar lange Kulturgeschichte der Beziehung(en) zwischen Menschen und Pflanzen liessen sich seiner Studie mühelos zahlreiche weitere Kapitel hinzufügen – neben solchen, die weiteren Kulturpflanzen gewidmet sind, auch solche, die Wildpflanzen und so genannte Unkräuter einbeziehen. Und natürlich lassen sich zusammen mit den von Pollan beschriebenen Begierden auch weitere Namen für die vielfältigen Begehren finden, die sich auf die Botanik richten – zumal sie als Wissenschaft wichtige Erkenntnisse über die Fundamente der Funktionen des Lebens ebenso wie letztlich Weltwissen verspricht. Wie die Kulturgeschichte der Mensch-Pflanze-Beziehungen zeigt, erweisen sich dabei Ökonomie und Ökologie ebenso wie Ästhetik und Politik aufs engste miteinander verwoben – bis in die jüngste Gegenwart hinein, in der sich Obst und Gemüse im Supermarkt mit Bio-Zertifikats-Aufklebern dekoriert finden, Menschen an Bäume ketten, die für Bauvorhaben gefällt werden sollen, und in der die "Intelligenz der Pflanzen" gefeiert wird. Wir wollen nach danach fragen, welche Auskunft uns die Visuelle Kultur und die Kunst über die vielfältigen Formationen von Botanik und Begehren geben können – also was uns Bilder über sie berichten: Von den Stichen einer Maria Sibylla Merian über niederländische Stillleben und ihre Wiederkehr in Fotografie und Videokunst, von der Malerei einer Georgia O'Keeffe bis zu Cornelia Sollfranks vom net.art.generator erstellten "Warhol Flowers", von Edward Steichens Ritterspornen über George Gesserts Irides bis zu Eduardo Kac' Plantimal "Edunia", von Beuys' Eichen zu Pierre Huyghes' "untilled", von umarmten und bestrickten Bäumen zu den Pflanzen, die uns Carsten Höller für eine gemeinsame Rutschpartie in die Arme legt… Hintergrundinformation zum Veranstaltungskonzept und -format: In Anlehnung an das bekannte Kinderspiel lädt die Veranstaltung dazu ein, das Feld der visuellen Kultur im Spannungsfeld von Sichtbarem und Unsichtbaren zu erkunden. Ausgangspunkt ist jeweils eine gemeinsame Bildbetrachtung: Anhand von ausgewählten "Anschauungsobjekten" aus Kunst und Wissenschaft, Populär- und Alltagskultur werden exemplarische Sondierungen vorgenommen — und in diesem Zuge auch Grundbegriffe, Theorien und Methoden vorgestellt, die für die Auseinandersetzung mit der visuellen Kultur von Relevanz sind. In diesem Zuge werden nicht allein mögliche Bedeutungsschichten einzelner Bilder freigelegt und im Kontext der jeweiligen Produktions-, Publikations- und Rezeptionszusammenhänge erschlossen. Besonderes Interesse gilt beispielsweise auch den Austauschprozessen zwischen verschiedenen Bereichen der visuellen Kultur und mit anderen kulturellen Feldern sowie dem historischen Horizont ästhetischer und gesellschaftlicher (Bild-)Praktiken der Gegenwart. Dies schließt auch Ortstermine in Institutionen sowie im öffentlichen Raum ein. Hinweise: Metadaten: projekt: ArtSciEd |